STAND: APRIL 2011

Konzeption der Ev. Klinikseelsorge in Minden


1. Bedeutung der Seelsorge im Johannes Wesling Klinikum Minden 
Die Krankenhausseelsorge wendet sich dem Ethos der christlichen Nächstenliebe folgend Menschen in einer akuten Krise zu, um sie im Hinblick auf ihre seelischen und insbesondere spirituellen Ressourcen zu stärken. Sie begegnet den Verletzten, Schwerstkranken und Sterbenden als Ebenbildern Gottes, denen die uneingeschränkte Menschenwürde zukommt. 

Dies geschieht sowohl im seelsorglichen Gespräch als auch in rituellen Vollzügen wie den Gottesdiensten. Durch ihre ständige Präsenz kann die Krankenhausseelsorge zeitnah (mit Tag-Nacht-Bereitschaft) und flexibel an ihrer Aufgabe arbeiten, der Seele der Menschen ihren Raum wieder zu geben, Ängste und Hoffnungen zur Sprache zu bringen und eine Klärung und Versöhnung mit der eigenen Lebenssituation zu fördern. Die Rede von Gott, die Erinnerung an religiöse Erfahrungen sowie Gebete und Rituale wirken heilend und haltend in der Ungewissheit der Krankheit. 

Doch das Krankenhaus ist nicht nur ein Ort, an dem Heilung ermöglicht, sondern an dem auch gestorben wird. Krankenhausseelsorger werden als Fachleute für alle Fragen in Anspruch genommen, die das Ende des Lebens und die trotz allen medizinischen Fortschritts auftretende Ohnmacht und Hilflosigkeit in manchen Krankheitsverläufen betreffen. Krankenhausseelsorge bietet den Rahmen an, der die dort auftretenden starken Emotionen halten kann, und dies nicht nur für die Patienten und Angehörige, vielmehr auch für betroffene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Bereits seit über 30 Jahren gehört die Krankenhausseelsorge zum Leistungsspektrum im Mindener Klinikum. Aus der Sicht des Krankenhausträgers ist sie ein nicht mehr wegzudenkender Teil sowohl der ganzheitlichen Betreuung der Patienten als auch der Begleitung des ärztlichen und pflegerischen Personals.

Im Rahmen der Zertifizierungen von Haut-, Brust- und Darmkrebszentrum wird die Seelsorge als ein Qualitätsstandard an psychosozialer Betreuung insbesondere von palliativmedizinisch zu versorgenden Patienten begriffen. 
In der Onkologie ist die Seelsorge auch in die interdisziplinäre Arbeit im Rahmen der Palliativversorgung eingebunden und trägt zu Einnahmen des Klinikums im Rahmen von Komplexpauschalen bei.

Die eigene Qualitätssicherung ihrer Arbeit gewährleistet die Krankenhausseelsorge durch eine intensive Aus- Fort- und Weiterbildung auf ihrem Gebiet und den sie berührenden Fachrichtungen, sowie durch kontinuierliche Teilnahme an Einzel- und Teamsupervisionen.

2. Haupt- und Ehrenamtliche am Johannes Wesling Klinikum Minden 
Für den Evangelischen Kirchenkreis Minden verrichten derzeit zwei kreiskirchliche Pfarrer den Großteil ihres Dienstes als Hauptamtliche in der Seelsorge am Klinikum Minden. 

Der eine Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Kinder- und Frauenklinik inklusive des Brustkrebszentrums. Dazu gehört auch die Begleitung der Eltern von Tot- und Frühgeborenen bis zur Bestattung auf dem dafür eingerichteten Grabfeld auf dem Nordfriedhof.

Der andere Schwerpunkt liegt in der Begleitung von onkologischen Patienten, insbesondere jenen, die palliativmedizinisch versorgt werden und das nahe Lebensende vor Augen haben. Dies geschieht über die Onkologie hinaus auch im Haut- und Darmkrebszentrum, sowie auf anderen Stationen, die an Krebs erkrankte Patienten behandeln.

Die Hauptamtlichen sind zudem auf allen sechs Intensivstationen des Klinikums vertreten. Sie teilen sich eine Tag- und Nachtbereitschaft per Cityruf, die von allen Stationen über die Zentrale angefordert werden kann.

Hinzu kommen derzeit zwölf aktive ehrenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger, die jeweils auf einer Station die evangelischen Patienten 1-2 wöchentlich besuchen. Sie wurden weitgehend von den Hauptamtlichen intensiv » ausgebildet und werden regelmäßig durch Supervision und Fortbildungen weiter von ihnen begleitet. 

Die Grünen Damen leisten als Ökumenische Krankenhaushilfe ihren ehrenamtlichen Dienst im Rahmen von praktischer Hilfe für die Patienten und sind organisatorisch dem Klinikum, aber nicht der Kirche angegliedert. Sie weisen jedoch die hauptamtlichen Seelsorger auf Gesprächsbedarf bei Patienten hin und nehmen sie auch für inhaltlich-ethische Fragen bei ihren Treffen gern in Anspruch.

3. Tätigkeitsfelder 
3.1) Seelsorgegespräche 
Alle in der Seelsorge tätigen sehen ihre erste Aufgabe darin, die Patienten am Krankenbettaufzusuchen, die bei der Aufnahme freiwillig ihre Konfession als evangelisch angegeben haben. Das geschieht ein- bis zweiwöchentlich auf den meisten Stationen bei einem bis zwei Drittel der dort liegenden. Dabei werden Patienten am Nachbarbett, die einen Gesprächsbedarf äußern, mitversorgt. 
Priorität haben Besuche bei Patienten, welche die Seelsorge rufen, oder deren Besuch vom medizinischen oder pflegerischen Personal angefordert wird.
Alle Seelsorgegespräche unterliegen der Schweigepflicht, aber dem umfassenden gesetzlichen Schutz nur im nichtöffentlichen Bereich der Büros der Klinikpfarrer.

3.2.) Gottesdienste, Andachten und Rituale 
Die Krankenhausseelsorge lädt zu zahlreichen Gottesdiensten und Andachten ein. 
– Jeden Sonntag um 9.30 Uhr: Evangelischer Gottesdienst in der Krankenhauskapelle, unter 
regelmäßiger musikalischer Begleitung von externen Musikgruppen wie Posaunenchören 
– Jeden Mittwoch um 18 Uhr: Ökumenisches Abendgebet in der Krankenhauskapelle 
– Jeden Mittwoch um 12 Uhr: Gebetszeit für Mitarbeitende in der Krankenhauskapelle 
– Jeden 1. Montag im Monat: Kindergottesdienst im Spielzimmer der Kinderklinik
– Dreimal jährlich: Ökumenische Gedenkgottesdienste für die Verstorbenen der beiden onkologischen Stationen in der Krankenhauskapelle, zu denen Stationsschwestern die Angehörigen einladen. 
– Einmal jährlich am Pfingstsonntag um 16 Uhr: Ökumenischer Erinnerungsgottesdienst für Eltern, die um ein früh- oder totgeborenes Baby trauern, in der Nordfriedhofs-Kapelle 

Darüber hinaus bietet die Krankenhausseelsorge religiöse Feiern und Rituale an. 
– Abendmahl am Krankenbett 
– Segensritual in Übergangssituationen oder vor Operationen
– Sterbeandacht für schwerstkranke Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen 
– Aussegnung von Verstorbenen sowohl im Patientenzimmer als auch in Abschiedsräumen der Intensivstationen oder der Pathologie 
– Nottaufe von Kindern in Lebensgefahr 
– Abschiedsfeier und Segnung von tot geborenen Babys im Kreissaal 
– Beerdigung der tot geborenen Babys, die im Rahmen der Aktion „Ein Hauch von Leben“ auf dem Fötengrabfeld beigesetzt werden und deren Eltern dazu eingeladen werden

3.3) Angebote für die Mitarbeitenden des Klinikums 
Ebenso wie den Patientinnen und Patienten bieten die Krankenhausseelsorger auch den Mitarbeitenden des Klinikums Seelsorge und Begleitung an. 
Sie unterstützen sie in Belastungssituationen, die sich durch ihre Arbeit oder auch im persönlichen Umfeld ergeben. Solche entlastenden Gespräche finden sowohl „am Wege“ als auch im Seelsorgesprechzimmer außerhalb der Dienstzeit statt.
Neben den Seelsorgegesprächen gibt es folgende weiteren Angebote für Mitarbeitende: 
– Fortbildung im Rahmen der IBF oder in einzelnen Abteilungen 
– Teamberatung oder Supervision für Stationsteams oder andere Arbeitsgruppen 
– Unterricht in der Ausbildungsakademie für Krankenpflege- und Kinderkrankenpflegeschüler/-innen sowie Hebammenschülerinnen. 

3.4) Ethik im Krankenhaus
Aufgrund ihrer Kompetenz und Ausbildung in Ethikberatung wirkt die Krankenhausseelsorge mit an der Implementierung von Ethikberatung im Johannes Wesling Klinikum. Sie steht auf Abruf zur Verfügung zur Moderation und Mitwirkung bei Ethikberatungsgesprächen in ethischen Entscheidungssituationen auf allen Stationen. Und sie fördert durch Informationsweitergabe und Einladung zum monatlichen Ethikcafe das Bewusstsein und das Wissen um die ethischen Aspekte der medizinischen Entscheidungen.

3.5) Kooperation und Vernetzung innerhalb und außerhalb des Klinikums 
– Abstimmung innerhalb des Palliativteams der Onkologie (Medizin, Pflege, Psychoonkologie, Sozialdienst, Ergotherapie, Physiotherapie) 
– Ökumenische Zusammenarbeit mit der katholischen Seelsorge bei Kapellennutzung, ökumenischen Gottesdiensten und gemeinsamen Fortbildungen 
– Kontaktvermittlung zur Heimatkirchengemeinde der Patienten 
– Kooperation innerhalb der Seelsorge der Mühlenkreiskliniken, des Kirchenkreises Minden, der Region Minden-Ravensberg (inklusive Kirchenkreise Vlotho und Herford) und der Landeskirche von Westfalen 
– Mitwirkung an der Konzeption der Diakonie für ein stationäres Hospiz in Minden in Abstimmung mit dem Hospizkreis Minden 
– Koordination der Altenheimseelsorge im Kirchenkreis Minden 
– Zusammenarbeit mit dem Netzwerk der ambulanten Palliativversorgung PAN 
– Informationsaustausch mit zahlreichen Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen 

3.6 Krankenhauskapelle und Kulturarbeit
Die künstlerisch gestaltete Krankenhauskapelle wird tagsüber von zahlreichen Patienten und Besuchern aufgesucht. Als Raum der Stille mitten im Alltagsbetrieb des Klinikums lädt sie die Menschen rund um die Uhr dazu ein, inne zu halten und die eigenen spirituellen Ressourcen zur Verarbeitung der momentanen Lebenssituation zu nutzen. Ein von der Krankenhausseelsorge erstelltes Faltblatt lädt zu einem meditativen Rundgang ein.
Gern wird die Kapelle auch von Besuchergruppen aus der Umgebung aufgesucht, denen die Krankenhausseelsorger auf Wunsch das künstlerische Konzept erläutern.
Der Förderverein „Kapelle im Johannes Wesling Klinikum Minden e.V.“ hat es sich in Zusammenarbeit mit der Krankenhausseelsorge zur Aufgabe gemacht, die religiöse und kulturelle Nutzung der Kapelle zu fördern. So werden regelmäßig Lesungen und Konzerte veranstaltet, zu denen neben den Patientinnen und Patienten auch Besucher von außen eingeladen werden.